Der böse Graf

Einst hatten die Menschen unter einem bösen Graf von Sprinzenstein viel zu leiden. Immerzu lebten sie in Angst vor ihm. Bald fiel er über diese, bald über jene her. Dan Stierberger Bauern machte er die Bergwiese strietig. Sie weigerten sich lang, die guten Grundstücke preiszugeben. Seit dieser Zeit tragen die Wiesen den Namen Weigern.

Eine Familie trieb er unwillig von ihrem Hof fort. Diesen schenkte er hierauf einem Mann, den er gut leiden konnte. Das Tal, wo die Hänge von Götzendorf zur Kleinen Mühl hineinlaufen, trug einst den Namen Finsterau. Dort klapperten die Räder der Finstermühle. Ihr letzter Besizter wurde in gemeiner Willkür vom bösen Grafen zu Sprinzenstein bedrängt. Zuletzt nahme er ihm gar die Mühle weg. Aber schon nach einem Jahr als der Graf sie in seinem Besitz gebracht hatte, riß sie ein Hochwasser fort, das der Teufel auf der Kleinen Mühl herangeführt hatte.

Aus dem Finsterholz durften sich die Götzendorfer seit urdenklichen Zeiten mit Brennholz versorgen. Eines Tages untersagte es ihnen der böse Graf von Sprinzenstein. Als sich ein armes Weiblein trotz des Verbotes Holz holte, wurde sie zum Tode verurteilt. Seit dem Tod der Armen fand aber der Graf keine Ruhe mehr. Tag und Nacht hörte er aus dem Finsterholz das Rauschen von Sägen und den Klang der Axthiebe. Suchte er nach den Holzfällern, fand er niemanden, denn der Teufel spielte ihm diese Person.

Der Bauer Scharinger schuldete dem bösen Grafen von Sprinzenstein viel. Eines Tages ließ ihm dieser mitteilen, dass er ihn von Haus und Hof treiben werde, wenn er die Schuld nicht sogleich tilge. Scharinger flehte um Gnade. Der Graf aber trieb mit ihm sein herzloses Spiel. Er ließ sich herbei, ihm die Schuld zu schenken, wenn er bis zum anderen Tag die größte Eiche aus dem Hofgföhret samt Ästen und Wurzeln auf das Schloß bringe. Der Graf wußte genau, dass dies niemanden gelingen würde. Zu Tode betrübt ging Scharinger von dannen. Des anderen Tages lag die Eiche im Schloß. Da machte der Graf Augen!  Aber der Bauer hatte sie nicht gebracht, sondern der Teufel. Ehe der Höllenfürst fortging, nahm der den Grafen mit. War das eine Bestürztung im Schloss! Trotzdem veranstaltete man ein Begräbnis, und die Angehörigen geleiteten eine leeren Sarg zur Familiengruft nach Rohrbach. Das sonderbare Verschwinden des Grafen hatte wie ein Lauffeuer die Runde gemacht. Die Geistlichen verweigerten in Rohrbach die Beisetzung des leeren Sarges. Man brachte ihn hierauf nach Sarleinsbach. Dort wurde der leere Sarg begraben. Seither werden die Sprinzensteiner nicht mehr in Rohrbach, sondern in Sarleinsbach beigesetzt.