Der Ruckerhof

Zum Schloss Dobretshofen gehörten zwei Meierhöfe. Der eine lag an der Morgenseite und hieß Vorderhof, de andere auf der Abendseite war der Ruckerhof. Das Schloß wurde eines Tages belagert und zerstört. Nur die beiden Höfe haben die Stürme des Krieges überdauert und wurden der Herrschaft Götzendorf untertan. Doch auch um sie stand es oft schlecht. Die Sorgen drückten dem Lenz, der als erster den Ruckerhof vergrößerte, den Rücken krumm. Als er wieder einmal die Zehentforderungen des Grundherren zu Götzendorf nicht erfüllen konnte, ging er in das Schloss und bat um Aufschub. Plötzlich stand ein Fremder vor ihm. "Du machst ein Gesicht wie hundert Tage Regenwetter", sprach in dieser spöttisch an. Der Ruckerbauer hob sein Haupt und ging ohne ein Wort zu erwiedern, seines Weges. Da faßte ihn der Fremde am Arm: "Wo fehlt`s denn? - Ich bin mit dem Zehent im Rückstand und hab kein Geld, brummte der Bauer mißmutig. Ich kann dir helfen. Kehr um!  Heut um Mitternacht bring ich dir Geld! redete er auf ihn ein. Und er verstand so zu überzeugen, dass der Ruckerbauer umkehrte und heimging.

Um Mitternacht hörte der aus dem Keller ein Poltern. Der Bauer öffnete die Kellertür und fand auf der Stiege zwei volle Geldbeutel. Er getraute sich aber nicht, sie zu nehmen, weil ihm die Herkunft zu denken gab. Als ihn am Morgen die Neugier plagte, und er nachschauen ging, fehlte vom Geld jede Spur.

Die Bauern auf dem Ruckerhof waren nie vor dem Anfechtungen des Teufels gefeit. Eines Tages stürmten zwei Rappen mit einer brennenden Heufuhre auf das Haus zu. Händeringend liefen die Leute aus der Stube. Sie hatten Angst, dass das sonderbare Gespann dem Strohdach nahe kommen könnte. Einem Gebet zum heiligen Florian verdankten sie es, dass die Fuhre umstürtzte und die Pferde zum Stehen kamen. Als die Ruckerleute den Platz erreichten, auf dem die Fuhre brannte, verblaßte der Feuerschein, und der Spuck war verschwunden. Um die Geister vom Haus zu bannen, wurde in Wegkreuz errichtet.

Zur Franzosenzeit lagen auf dem Ruckerhof französische Offiziere im Quartier. Der Bauer selbst musste jeden Tag für sie Wein im Schloß Sprinzenstein holen. Einmal mundete ihnen der Trunk ganz und gar nicht. Sie jagten den Ruckerbauer wieder ins Schloß zurück, dass er ihn für besseren umtausche. Er aber war der vielen Bosheiten überdrüssig und spielte ihnen einen Streich. Im Schloßholz legte er sich hin und ruhte eine Zeitlang aus. Dann nahm er wieder den Wein und brachte ihn den Franzosen. Obwohl es der gleiche wie vorher war, gaben sich nun die Franzosen damit zufrieden. Der Besitzer des Ruckerhofes mit Namen Josef Dorfner war Reichtagsabgeordneter in Wien. Nicht nur dort, sondern auch daheim stellte er seinen Mann und leistete viel zum Wohl seiner Landsleute. Vor dem Preußenkrieg löste eine große Teuerung, Arbeitslosigkeit unter den Handwerken  aus. Um die Not zu lindern, begann er mit dem Neubau seines Hauses. Durch Jahre fanden viele bei ihm Arbeit und Brot. Erhaben über politische Ränke stellt er stets seine aufrichtige, ehrliche Gesinnung unter Beweis. Damit zog er sich den Haß seiner Gegenspieler zu. Eines Tages ließen sie ihn gar vergiften.